Verschuldung und Klimapolitik

Rechtfertigt Klimapolitik eine Erhöhung der Verschuldung?

Die "grün-goldene Regel" als Lösung

Warum ist Klimafinanzierung ein Problem?

Staatliche Defizitgrenzen und Schuldenbremsen wurden eingeführt, um eine exzessive Verschuldung zu verhindern, die künftige Generationen durch Zinszahlungen und erhöhtes Risiko von Schuldenkrisen zu belasten. Zudem besteht die Gefahr, dass die Kreditaufnahme teilweise für höhere Konsumausgaben verwendet wird, um die Chancen einer Wiederwahl zu erhöhen. Gleichzeitig droht jedoch eine zu strikte Begrenzung der Schulden die Investitionen in öffentliche Güter wie Klimaschutz zu untergraben. Das Problem: Politische Entscheidungen sind oft kurzfristig ausgerichtet. Dadurch bleiben Investitionen in den Klimaschutz hinter dem Notwendigen zurück.

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Abb. 1: Anteil des Nutzen von Investitionen, der auf die aktuelle Generation entfällt.

Was ist die "grün-goldene Regel"?

Die "grün-goldene Regel" wurde vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (Arbeitsgruppe Wohlfahrt und Politikdesign) und der Universität Potsdam (Lehrstuhl für Wachstum, Integration und nachhaltige Entwicklung) entwickelt um fiskalische und klimaplitische Nachhaltigkeit zu verbinden. Sie lehnt sich an die "goldene Regel" der Fiskalpolitik an, behebt jedoch grundlegende Probleme in der Operationalisierung, die die Regel missbrauchsanfällig und ineffizient gemacht haben. Die grün-goldene Regel verknüpft die erlaubte Neuverschuldung direkt mit dem Nutzen der Klimapolitik: den vermiedenen Klimaschäden. Konkret bedeutet das:

  • Zunächst wird eine Baseline an Emissionen berechnet, die die Entwicklung ohne weitere Klimapolitik beschreibt. Je mehr CO2 gegenüber dieser Baseline eingespart wird, desto mehr Schulden dürfen aufgenommen werden.

  • Die erlaubte Schuldenhöhe basiert auf den sogenannten Social Costs of Carbon (SCC) – dem Schaden, den eine ausgestoßene Tonne CO2 verursacht. Der Nutzen der Emissionsminderung entspricht dem vermiedenen Schaden.

  • Diese Regel schafft einen starken Anreiz für die Regierung, die Klimaziele einzuhalten und belohnt sie nur für zusätzliche Minderungsansträngungen

Beispielrechnung: Wie viel Verschuldung ist sinnvoll?

Basierend auf einer angenommenen CO2-Schadenskosten von 200 € pro Tonne CO2 könnte Deutschland für den Zeitraum 2020 bis 2030 161 Mrd. € an Klimaschulden aufnehmen, sofern die Emissionsziele des Klimaschutzgesetzes erreicht werden. Abbildung 2 veranschaulicht, wie die Defizit-Höhe von den zukünftigen Emissionspfaden abhängt.

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Abbildung 2: Erlaubte Neuverschuldung (Mengenregel)

Vorteile der "Grün-goldenen Regel"

✅ Vermeidung von ineffizienten Fehlinvestitionen im Vergleich zu einem kostenbasierten Ansatz (frühere "goldene Regel")
✅ Mittel aus der Verschuldung nur für zusätzliche Emissionsminderungen

✅ Mehr finanzielle Spielräume für die Klimawende
✅ Langfristige Generationengerechtigkeit

Umsetzung in der Praxis

Die Berechnung der zulässigen Verschuldung kann auf zwei Weisen erfolgen:

  1. Mengenbasiert: Schulden werden an die tatsächlich eingesparten Emissionen gekoppelt.

  2. Preisorientiert: Die erlaubte Verschuldung orientiert sich an der Höhe des CO2-Preises. Ein hoher CO2-Preis bedeutet mehr Einsparungen und erlaubt damit eine höhere Schuldenaufnahme.

  Erlaubtes Defizit pro Jahr in Mrd. €

Nachfrage-
Elastizität

CO2-Preis (€/tCO2-äq.)
0 45 55 65 100 200
0,3 -8 -3,6 -2,7 -1,9 0,8 6,8
0,5 -12,3 -4,5 -3 -1,5 3,1 12,8
0,7 -16,2 -4,7 -2,5 -0,4 6,1 19,5
Tabelle: Erlaubte Neuverschuldung pro Jahr bei einer CO2-preisbasierten grün-goldenen Regel

Die "Grün-goldene Regel" stellt sicher, dass Schulden nur in Höhe der vermiedenen Klimaschäden aufgenommen werden. So wird nachhaltiger Klimaschutz mit einer soliden Finanzpolitik verbunden. Eine solche Regel könnte auf nationaler oder europäischer Ebene implementiert werden – und die Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft entscheidend voranbringen.

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