"Das Ergebnis von Kattowitz ist eine Erleicherung. Die Staaten der Welt erkennen an, dass sie zusammenarbeiten müssen, um die Klimakrise anzupacken", so Johan Rockström, der zusammen mit Ottmar Edenhofer das PIK leitet. "Das Paris-Abkommen für globale Klimapolitik erweist sich als quicklebendig, trotz einer Zunahme von Nationalismus und Populismus. Mit dem jetzt endlich beschlossenen Regelbuch kann das Paris-Abkommen wirklich umgesetzt werden. Meine größte Sorge ist, dass der UN-Klimagipfel in Kattowitz es nicht vermocht hat, die Klimapolitik so zu gestalten, dass sie die von der Wissenschaft klar aufgezeigten Klimarisken jetzt tatsächlich wirkungsvoll begrenzt - vor allem haben sie versäumt, klar zu machen, dass die globalen Emissionen aus fossilen Brennstoffen bis 2030 halbiert werden müssen, wenn man dem 1,5-Grad-Report des Weltklimarats folgen will."
"Das ist ein echtes Problem", betont Rockström. "Wir folgen weiterhin einem Weg, der uns noch innerhalb dieses Jahrhundert in eine sehr gefährliche, drei bis vier Grad wärmere Welt führen wird. Extreme Wetterereignisse treffen bereits heute Menschen auf der ganzen Welt, mit einer globalen Erwärmung von nur einem Grad. Vor allem die USA werden hart getroffen; ausgerechnet jene Nation, die beim Klimagipfel eine unglückliche Rolle gespielt hat. Die USA leiden bedauerlicherweise bereits jetzt, und werden in Zukunft noch mehr leiden, etwa unter einer Zunahme regionaler Dürren und Hurrikane. Der Kattowitz-Gipfel ist jedoch nur ein Schritt auf dem langen und kurvenreichen Weg hin zu nachhaltigem Wohlstand in einer Zukunft ohne fossile Brennstoffe. Wir alle müssen jetzt aufhören, herum zu trippeln; wir müssen unsere Schritte beschleunigen. Und Europa kann und muss sich dabei an die Spitze stellen."
Regierungen können CO2-Preise nutzen, um soziale Gerechtigkeit zu verbessern
Der Klima-Ökonom Ottmar Edenhofer, der mit Johan Rockström zusammen als Direktor das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung leitet, hat sich in Kattowitz - wie das internationale Magazin Economist es formulierte - mit politischen Entscheidern den Mund fusselig geredet, um die Risiken eines Scheiterns aufzuzeigen. "Einmal mehr haben Regierungen aus aller Welt bewiesen, dass sie fähig und willens sind, zum Schutz ihrer Bürger vor Klimarisken zusammen zu arbeiten," sagte Edenhofer nach Ende des Gipfels. "Trotz einer zunehmenden Menge von populistischen Regierungen hat der Multilateralismus gesiegt. Die Welt braucht aber mehr als nur klimapolitische Ziele und Prozesse - sie braucht konkrete Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgase; und sie braucht diese Maßnahmen nicht irgendwann, sondern jetzt."
"In dieser Hinsicht kann der Klimawandel nicht mehr nur als das größte Marktversagen aller Zeiten angesehen werden – er ist mit dem trotz jahrelanger Verhandlungen weiter zu beobachtenden Anstieg der globalen Treibhausgasemissionen auch zu einem beispiellosen Staatsversagen geworden", sagte Edenhofer der auch Direktor des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change ist. "Durch geeignete politische Maßnahmen – wie eine wirkungsvolle Bepreisung von CO2 – müssen Regierungen eine neue Vertrauensbeziehung mit ihren Bürgern aufbauen. Ein CO2-Preis kann nicht alles lösen, aber ohne ihn kann nichts gelöst werden. Und die Regierungen können die CO2-Preise nutzen, um mehr soziale Gerechtigkeit zu schaffen. Denn das durch die Bepreisung erzielte Einkommen kann und muss den Menschen zurückgegeben werden - sei es durch Senkungen der Stromsteuers, durch Investitionen in Infrastruktur, oder durch Schecks zu Weihnachten."
Erfolg der "Heißzeit"-Studie
Nur starke und rasche Reduktionen des Ausstoßes von CO2 werden verhindern können, dass die Erde aus der gegenwärtigen Warmzeit möglicherweise in eine Heißzeit driftet. Das hat eine unlängst veröffentlichte wichtige Studie gezeigt, zu deren Autoren unter anderem Johan Rockström und Hans Joachim Schellnhuber gehören. Letzterer hat den Begriff der "Heißzeit" geprägt - der nun als "Wort des Jahres 2018" gewählt wurde. Die zugrundeliegende Studie ist laut Altmetrics unter 10 Millionen wissenschaftlichen Veröffentlichung die Nummer 4, was die öffentliche Wirkung betrifft. Nicht nur im Bereich der Klimaforschung, sondern für die ganze Wissenschaft.