„Gab es im Mittelalter eine Warmzeit, die der heutigen zumindest nahekommt? Antworten auf solche grundlegenden Fragen erhofft man sich hauptsächlich von Baumring-Analysen“, erklärt Leit-Autor Josef Ludescher vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Unsere Analyse zeigt nun, dass die bisherigen Klima-Abschätzungen aus Baumringdaten stark die Beharrungstendenz des Klimas überschätzen. Zwar folgt auf ein warmes Jahr in der Tat eher ein weiteres warmes als ein kühles, aber nicht so lang und stark, wie Baumringe das zunächst vermuten lassen. Wenn die Beharrungstendenz korrekt berücksichtigt wird, erscheint die gegenwärtige Erwärmung Europas noch außergewöhnlicher als bisher angenommen.“
Um die Qualität der aus Baumringen gewonnenen Temperaturreihen zu testen, konzentrierten sich Josef Ludescher und Hans Joachim Schellnhuber (PIK) sowie Armin Bunde (Justus-Liebig-Universität Gießen) und Ulf Büntgen (Cambridge University) auf Mitteleuropa. Der Grund war, dass für diese Region außer den Baumringdaten auch noch lange Beobachtungsreihen existieren, die bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurückreichen. Zudem gibt es Archive, die akkurat den Beginn von Weinlese und Getreideernten aufzeichneten und sogar bis ins 14. Jahrhundert zurückgehen. Diese Aufzeichnungen erlauben, ebenso wie die Breite von Baumringen, Temperaturrekonstruktionen. Für einen warmen Sommer spricht ein breiter Baumring und ein früher Erntebeginn, für einen kalten Sommer ein schmaler Baumring und ein später Erntebeginn. Dabei werden Bäume aus Höhenlagen betrachtet, in denen die Temperatur einen starken Einfluss auf das Wachstum hat, und wo es auch in warmen Jahren genug Wasser für das Wachstum gibt.
Artikel: Josef Ludescher, Armin Bunde, Ulf Büntgen und Hans Joachim Schellnhuber (2020): Set-ting the tree-ring record straight. Climate Dynamics, DOI:https://doi.org/10.1007/s00382-020-05433-w
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