„Wir zeigen, dass die direkte CO2-Bepreisung durch eine Steuer mit mehr moralischem Verhalten einhergeht als die indirekte Form des Emissionshandels“, erklärt Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change. „Der Effekt ist beträchtlich, er könnte im politischen Ringen um eine möglichst effiziente Klimapolitik durchaus Gewicht bekommen.“
Ockenfels leitet das Exzellenzzentrum für Soziales und Ökonomisches Verhalten an der Universität zu Köln, Werner ist Associate Professor für Verhaltensökonomik an der Universität Maastricht. An dem Experiment für die Studie haben rund 1000 Studentinnen und Studenten in Köln mitgewirkt.
Experiment mit Studierenden, aber echtem Geld und echten Emissionen
Um die beiden Varianten der CO2-Bepreisung zu simulieren, wird in dem Experiment eine vereinfachte Welt von Produzentinnen und Produzenten und politischen Entscheidern und Entscheiderinnen gebaut. Im Kern läuft es so: Zehn der Produzenten und Produzentinnen legen unabhängig voneinander fest, wie viel Euro ihnen der Ausstoß einer Tonne CO2 maximal wert ist – wobei sich ihre Situation unterscheidet, denn der Ausstoß dieser Tonne CO2 bringt dem Ersten 3 Euro Ertrag, dem Zweiten 4 Euro und so weiter bis 12 Euro. Welche der Produzentinnen und Produzenten zum Zuge kommen und tatsächlich emittieren, hängt von den Entscheidern und Entscheiderinnen ab. Sie geben im einen Teil des Experiments vor, wieviel Tonnen CO2 insgesamt emittiert werden dürfen, und im anderen Teil, wie viel Euro der Ausstoß einer Tonne kosten soll. Am Ende wird den Produzenten und Produzentinnen der Ertrag minus Emissionskosten in echtem Geld ausgezahlt. Und jede nicht emittierte Tonne CO2 wird auch in der realen Welt vermieden, über eine Umweltorganisation wird nämlich ein Zertifikat im EU-Emissionshandelssystem gekauft und stillgelegt.
Mit mehreren Abwandlungen dieses Experiments führt die Studie detailliert vor, welche Anreize wirken. Sobald die Konsequenz „echter CO2-Ausstoß in der realen Welt“ bekannt ist, erlauben die Entscheiderinnen und Entscheider deutlich weniger Ausstoß, und die Produzentinnen und Produzenten engagieren sich auch weniger für eine solche Erlaubnis. Politisch bedeutsam ist das folgende, zentrale Ergebnis: Bei der Variante der direkten Bepreisung von CO2 durch eine Steuer – also wenn die Entscheider und Entscheiderinnen einen Euro-Betrag pro Tonne CO2 vorgeben und nicht die Anzahl der erlaubten Tonnen –, dann emittieren die Produzenten und Produzentinnen deutlich weniger.
"Bereitschaft zu über das rein ökonomische Kalkül hinausgehendem Klimaschutz"
„Insgesamt beobachten wir eine bemerkenswerte Bereitschaft zu über das rein ökonomische Kalkül hinausgehendem Klimaschutz“, resümiert Studien-Mitautor Edenhofer. „Diese Bereitschaft dürfen wir sicherlich nicht nur bei den Studierenden in unserem Experiment unterstellen, sondern auch bei vielen Verantwortlichen in Industriebetrieben. Doch bei der indirekten CO2-Bepreisung über eine Mengensteuerung wird ein solcher freiwilliger Verzicht auf Emissionen tendenziell unterdrückt. Wenn ich mich zurückhalte, wird das Emissionsrecht eben durch jemand anderen ausgeübt, und es nützt unter dem Strich dem Klima nichts.“
Weblink zum Artikel: Ockenfels, A., Werner, P., Edenhofer, O. (2020): Pricing externalities and moral behavior. Nature Sustainability [DOI:10.1038/s41893-020-0554-1]
Weblink zum Artikel: https://www.nature.com/articles/s41893-020-0554-1