"Der Klimawandel wird wahrscheinlich Grund und Boden verteuern. Entweder wird die ungebremste globale Erwärmung durch die Treibhausgase aus fossilen Brennstoffen viel Land dem Risiko von Dürren und Überschwemmungen aussetzen", sagt der Hauptautor Max Franks vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). "Oder aber es wird mehr Land für Biomasseplantagen oder Windparks genutzt, nämlich wenn die Entscheider in der Politik den Klimawandel begrenzen wollen. In beiden Fällen wird Land knapper und damit teurer - und Bodenspekulation durch Investoren treibt die Immobilienpreise noch weiter in die Höhe.“
Die Kluft zwischen Arm und Reich zu verringern, ist eines der Ziele nachhaltiger Entwicklung, wie sie die Vereinten Nationen beschlossen haben. "In unserer Studie haben wir deshalb untersucht, wie das Problem der steigenden Bodenpreise so angegangen werden kann, dass die Vermögensungleichheit in den Industrieländern verringert wird, ohne dafür die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu opfern", erklärt Franks. "Und es zeigt sich, dass die Regierungen hierbei beträchtliche Freiheit haben. Das Ergebnis unserer komplizierten konzeptionellen Berechnungen ist ganz einfach: Sinnvoll wäre ein Maßnahmenpaket aus Bodenwertsteuern und Erbschaftssteuern, das auch eine Senkung der Unternehmenssteuern oder der Mehrwertsteuer ermöglicht.“
Besteuerung von Grund und Boden stimuliert Investitionen
Eine Bodenwertsteuer hätte zwei wesentliche Wirkungen. Erstens wäre es ein Anreiz, Geld in produktives Kapital wie etwa die Industrie zu investieren, während Investitionen in Landbesitz weniger rentabel wären. Der Anstieg der produktiven Investitionen würde die Wirtschaftsleistung direkt erhöhen. Zweitens würden Bodenwertsteuern - die nur auf dem Wert von Grundstücken beruhen und den Wert von Gebäuden außer Acht lassen - zu einer effizienteren Landnutzung führen. Das Leerstehen von ungenutzten Grundstücken würde durch die Bodenwertbesteuerung dazu führen, dass der Eigentümer Geld verliert. Damit würde der Bau von Wohnungen attraktiver, was zur Linderung der Wohnungsnot beitragen könnte.
"Die konzeptionelle Studie zeigt, wie Regierungen jedem helfen können, seinen gerechten Anteil am Kuchen zu bekommen ohne dass dabei der Kuchen selbst schrumpft", sagt Franks. Zu diesem Zweck vergleichen die Autoren die Steuern auf Kapitaleinkünfte, Erbschaften und den Wert von Grundstücken. "Überraschenderweise wurde der Faktor Land in ökonomischen Studien über die Vermögensungleichheit seit den 1960er Jahren ignoriert, obwohl der Wert von Land enorm gestiegen ist. Deshalb beziehen wir in unsere Studie diesen entscheidenden Faktor für die Entwicklung und Verteilung von Vermögen mit ein", so Franks.
Erbschaftssteuern verringern Ungleichheit, aber das allein genügt nicht
Die Studie basiert auf dem breiten Konsens in der Wirtschaftsforschung, dass Erbschaften einen entscheidenden Einfluss darauf haben, wie die Vermögen in der Gesellschaft verteilt sind. Doch wenn heute ausschließlich eine zusätzliche Steuer auf Erbschaften eingeführt würde, könnte dies zwar die Ungleichheit verringern, aber es könnte zugleich die Wirtschaftsleistung von morgen beeinträchtigen. Denn eine Erbschaftssteuer kann die Bereitschaft der Haushalte verringern, Geld zu sparen. Eine Verringerung der Sparvermögen würde jedoch bedeuten, dass Banken weniger Mittel zur Verfügung hätten, um sie als Kredite an Unternehmen weiterzugeben. Letztendlich würde das zu einer Verringerung der nationalen Investitionen führen.
Um dieser Tendenz entgegenzuwirken, muss eine Erbschaftssteuer mit einer Bodenwertsteuer kombiniert werden, die Investitionen in Grundstücke weniger lukrativ macht und dafür sorgt, dass das Geld in produktive Investitionen fließt. Eine weitere mögliche Maßnahme zur Stimulierung der Wirtschaft wäre eine moderate Senkung der Unternehmenssteuern, die durch die zusätzlichen öffentlichen Einnahmen aus der Besteuerung von Erbschaften und Grundstücken finanzierbar wäre.
"Es wäre ganz klar zusätzliche Regulierung erforderlich, um die Steuerlast gerecht zu verteilen. Viele mittelständische Haushalte haben einen vergleichsweise hohen Anteil von Grundbesitz in ihrem Vermögen, einfach weil sie ein Haus gekauft haben und sonst nur wenig Vermögen besitzen. Um eine weitere Steuerbelastung für den Mittelstand zu vermeiden, könnte ein Grundfreibetrag bei der Bodenwertsteuer eingeführt werden", erklärt Ko-Autor David Klenert vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC). "Und es wäre zusätzliche Regulierung erforderlich, um sicher zu stellen, dass Vermieter nicht alle Kosten der Bodenwertsteuer auf ihre Mieter abwälzen.“
Gegen Ungleichheit vorgehen – gegen Populismus vorgehen
"Interessanterweise findet unsere Analyse die größten positiven Auswirkungen auf die Wirtschaftsleistung und die Verringerung der Ungleichheit der Vermögen, wenn die Steuereinnahmen für Transfers an die jungen Generationen verwendet werden. Denn die investieren sie in eine bessere Bildung, gründen eine Familie oder gar ein Unternehmen", sagt Ottmar Edenhofer, Ko-Autor der Studie und Chefökonom des PIK sowie Direktor des MCC. "Eine intelligente Besteuerung von Erbschaften und Land kann also dazu beitragen, die Ungleichheit zwischen den Generationen zu verringern."
"Wir sehen in vielen Gesellschaften eine wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, eine Zunahme der Erbschaften und einen Anstieg des Bodenwerts", erklärt Edenhofer. "Wenn die politischen Entscheidungsträger die Ziele der nachhaltigen Entwicklung ernst nehmen, nämlich Armutsbekämpfung, integratives Wachstum, Verringerung der Ungleichheit und nachhaltige Städte, brauchen sie eine ausgewogene Strategie. Dies wird umso wichtiger in Zeiten, in denen Populisten Ängste der Mittelklasse und gesellschaftliche Spannungen ausnutzen. Die öffentlichen Finanzen sind ein wichtiges Mittel, um das Problem an der Wurzel zu packen.“
Artikel: Max Franks, David Klenert, Anselm Schultes, Kai Lessmann, Ottmar Edenhofer (2018): Is Capital Back? The Role of Land Ownership and Savings Behavior. International Tax and Public Finance [DOI:10.1007/s10797-018-9486-3]
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