Wechselwirkungen zwischen Temperatur und CO2 könnten die globale Erwärmung mehr als angenommen verstärken

Potsdam, 22.05.06

Bisherige Vorhersagen scheinen die globale Erwärmung für dieses Jahrhundert zu unterschätzen. Jetzt fand ein europäisches Wissenschaftlerteam heraus, dass die tatsächliche Erderwärmung durch den Verbrauch fossiler Brennstoffe 15 bis 78 Prozent höher ausfallen kann als bisher erwartet, da in den bisherigen Projektionen zwar die Wirkung des Kohlendioxides auf die Erdtemperatur, nicht aber die Rückwirkung der Erdtemperatur auf Kohlendioxid ausreichend berücksichtigt wurde - ein Effekt, den Wissenschaftler als positiven Rückkopplungseffekt bezeichnen.

Dies ist das Ergebnis einer Arbeit, die am 26. Mai in Geophysical Research Letters von Marten Scheffer (Universität Wageningen), Victor Brovkin (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung) und Peter Cox (Centre for Ecology and Hydrology) veröffentlicht wird.

Um die Stärke der Wechselwirkungen zwischen Temperatur und Kohlendioxid zu bestimmen, bedienten sich die Forscher neuer, zeitlich hochaufgelöster Eisbohrkerndaten und Temperaturrekonstruktionen aus geologischen Archiven der "Kleinen Eiszeit" (von etwa 1550 bis 1850). Während der kleinen Eiszeit waren die Temperaturen auf der Nordhalbkugel niedriger und die atmosphärischen CO 2 -Werte fielen ab. Dieser Zusammenhang zwischen CO 2 -Konzentrationsabfall und Temperaturabnahme ermöglichte den Forschern, auch den Einfluss der Rückkopplung zwischen Temperatur und CO 2 auf die zukünftige Klimaerwärmung zu ermitteln.

Victor Brovkin aus der Klimaabteilung des Potsdam-Instituts erklärt, warum es wichtig ist, Stärke und Dynamik dieser Rückkopplungsvorgänge zu bestimmen: "Diese Mechanismen sind oftmals der Antrieb für abrupte Klimaänderungen. Es gehört zur wissenschaftlichen Routine, die Stärke von Rückkopplungseffekten durch Modellrechnungen abzuschätzen, doch die Ergebnisse fallen für unterschiedliche Modelle unterschiedlich aus. Deshalb sind unabhängige Daten zur Bewertung der Modellergebnisse erforderlich. Ein vielversprechender Weg ist dabei, die Klimaarchive der geologischen Vergangenheit zusammen mit der
CO 2 -Dynamik auszuwerten. Auch wenn die Ergebnisse der neuen Methode noch mit großen Unsicherheiten behaftet sind, so legen sie doch nahe, dass frühere Temperaturvorhersagen nach oben korrigiert werden müssen."

Originalartikel:

Scheffer, M., Brovkin, V., and Cox, P. Positive feedback between global warming and atmospheric CO 2 concentration inferred from past climate change. Geophysical Research Letters, vol. 33, doi:10.1029/2005gl025044, 2006.