Nachdem die politische Diskussion über Verluste und Schäden (Loss and Damage, L&D) jahrelang entgleist war, wurde bei den Klimaverhandlungen zu der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) im vergangenen Jahr ein bedeutsamer Beschluss über die Einrichtung von L&D-Finanzierungsregelungen einschließlich eines L&D-Fonds gefasst. Seitdem hat der Übergangsausschuss (Transitional Committee, TC) mehrere Sitzungen abgehalten, um die Finanzierungsarchitektur zu operationalisieren, und das Thema wurde auf der Bonner Klimakonferenz (SB58) Anfang Juni weiter verhandelt.
Verluste und Schäden zeigen sich vor Ort auf unterschiedliche Weise. Die Folgen des Klimawandels können bereits mit Hilfe der Attributionswissenschaft und der Klimafolgenmodellierung quantifiziert werden, z. B. die Veränderungen bei vielen Klimaextremen und deren Auswirkungen, sowohl in Bezug auf einzelne Ereignisse als auch auf langfristige Trends. Neben den wirtschaftlichen Verlusten und Schäden gibt es auch nicht-wirtschaftliche Verluste und Schäden (NELDs) - wie die von Menschenleben oder Kulturgütern -, die schwer zu quantifizieren sind. Neben anderen Diskussionen darüber, wer in den Fonds einzahlen sollte, wer Zugang zu ihm haben sollte und wie er verwaltet werden sollte, untersucht der TC derzeit die verschiedenen Möglichkeiten, wie Verluste und Schäden, die durch langsam eintretende Ereignisse wie den Anstieg des Meeresspiegels entstehen, im Gegensatz zu einzelnen Extremereignissen und NELDs einbezogen werden können.
Vor dem Hintergrund der jüngsten Fortschritte eröffnete die Berlin Insights Series letzten Monat einen Dialog darüber, wie Forschung beim Umgang mit L&D helfen kann. Auf der Veranstaltung betonten Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (BMZ) und Professor Johan Rockström (PIK) die Bedeutung von Forschung zu L&D für die Stärkung der Evidenzbasis in den Partnerländern. Bundesministerin Svenja Schulze betonte, wie sehr ihr Ministerium die Zusammenarbeit mit dem PIK schätzt und wie froh sie ist, dass das Thema L&D endlich die Aufmerksamkeit bekommt, die es verdient: "Auf der letztjährigen Klimakonferenz in Sharm El-Sheikh hat die internationale Gemeinschaft beschlossen, neue finanzielle Regelungen zu schaffen, darunter einen Fond zum Umgang mit Verlusten und Schäden. Dies war ein Durchbruch in der Geschichte der Klimaverhandlungen und ein wichtiges Signal für Solidarität und globale Klimagerechtigkeit.”
Die Veranstaltung brachte Akteur*innen aus Politik, Wissenschaft, Finanzwesen, Zivilgesellschaft und Praxis in einer Podiumsdiskussion zusammen: Khadeeja Naseem (Staatssekretärin für Umwelt, Klimawandel und Technologie der Malediven), Christoph Gornott (Leiter der Arbeitsgruppe Anpassung in Agrarsystemen, PIK), Yositha Wijenayake (Rechtsanwältin, Geschäftsführende Direktorin SLYCAN Trust Global), Niels Holm-Nielsen (Leiter der Global Facility for Disaster Reduction and Recovery (GFDRR) der Weltbank) und Abena Takyiwaa Asamoah-Okyere (Büro des Finanzministers, Ghana), die ihre Sichtweise und Erfahrungen zu dem Thema teilten.
Staatssekretärin Khadeeja Naseem machte die schwerwiegenden Auswirkungen von Verlusten und Schäden deutlich: "Unsere Inseln sind auf Korallenriffen gebaut. Das Leben in den Ozeanen trägt uns also. Die Riffe schützen uns. Sie liefern Nahrung. Sie verschaffen uns ein Einkommen. Und wenn die Riffe sterben, werden die Malediven aufhören, zu existieren."
Professor Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, fügte hinzu: "Es ist nicht möglich, den Verlust des eigenen Zuhauses in Geld zu bemessen, denn der Verlust des Zuhauses ist eine vollständige, nicht hinnehmbare Katastrophe. Klimaschutz und Resilienz sind [...] die erste Instanz. Und der Umgang mit Verlusten und Schäden ist die letzte Instanz. Verluste und Schäden sind im Grunde ein Versagen."
Dabei spielt die Wissenschaft eine wichtige Rolle: "Wenn es um Themen wie Klimaschutz und des Aufbau von Resilienz geht, müssen wir integriert handeln, um eine unkontrollierbare Anpassung und damit auch eskalierende Verluste und Schäden zu vermeiden. Gleichzeitig ist es notwendig, eine Brücke zur Attributionswissenschaft in Klima- und Klimafolgenforschung zu schlagen, um politischen Entscheidungsträgern und Regierungen zu helfen, Verluste und Schäden auf humane und gerechte Weise zu bewältigen", so Professor Rockström.
Die Reihe "Berlin Insights Series on Climate Change and Development" gibt detailliertere Einblicke in die vertiefte Kooperation zwischen BMZ und PIK. Die Veranstaltungsreihe dient als Forum für den Dialog zwischen Politikern, Wissenschaftlern und Praktikern, um den Austausch über die Herausforderungen des Klimawandels im Globalen Süden zu fördern. Eines der Leuchtturmprojekte der vergangenen Jahre der Zusammenarbeit ist das AGRICA-Projekt, mit dem BMZ und PIK Klimarisikoanalysen für verschiedene Länder in Subsahara-Afrika erstellt haben. AGRICA ist in der PIK RD2 Arbeitsgruppe Anpassung in Agrarsystemen verankert, die von Prof. Christoph Gornott und Dr. Lisa Murken geleitet wird. Die Arbeitsgruppe arbeitet außerdem zu Attribution von Klimafolgen und Verlusten und Schäden.
Bild: ©Photothek/Janine Schmitz