Neue Technologien und Innovationen, vom Traktor zur Gefriertruhe, haben die Art und Weise, wie wir Lebensmittel anbauen, verarbeiten und konsumieren, verändert. Doch mehr und gesündere Lebensmittel auf nachhaltigere Weise zu produzieren, wird allein noch nicht das menschliche Wohlbefinden sichern. Es müssen auch andere entscheidende soziale und ökologische Herausforderungen angegangen werden, wie die Verringerung von Armut, mehr Bildungsmöglichkeiten, eine Gesundheitsversorgung für alle sowie der Erhalt der biologischen Vielfalt. Diese miteinander verknüpften Herausforderungen sind in der Agenda für nachhaltige Entwicklung bis 2030 verankert, mit der die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung erreicht werden sollen.
Neue Technologien können helfen... aber zu welchem Preis?
In einer Studie, die kürzlich in Lancet Planetary Health veröffentlicht wurde, hat ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die potenziellen Auswirkungen und Wechselwirkungen neu entstehender Lebensmittelsystemtechnologien in Bezug auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung untersucht. "Wir haben festgestellt, dass neue Technologien dazu beitragen können, einige Probleme mit dem Ernährungssystem zu beheben. Allerdings können sie auch weitreichende Auswirkungen haben, die Störungen und unbeabsichtigte, teils positive, teils negative Folgen für die Erreichung der Ziele zur nachhaltigen Entwicklung verursachen", so Professor Mario Herrero, Hauptautor des Papiers und Chief Research Scientist am CSIRO in Australien.
So wurden in der Studie beispielsweise die potenziellen Auswirkungen untersucht, die eine verstärkte Automatisierung der Lebensmittelproduktion auf Gesellschaft und Umwelt haben kann. Während die Automatisierung die Arbeits- und agrochemischen Kosten der Nahrungsmittelproduktion und -verarbeitung senken kann, kann sie die Energiekosten erhöhen. In ähnlicher Weise kann eine Automatisierung dabei helfen, Menschen weniger schädlichen Agrochemikalien und gefährlichen Geräten auszusetzen. Gleichzeitig kann sich so aber auch die Zahl der Arbeitsplätze in der landwirtschaftlichen Produktion verringern, was zu mehr Abwanderung in die Städte und dort zu größerer Arbeitslosigkeit und Armut führen kann. Letztlich könnten bei fehlender angemessener sozialer Unterstützungnsoziale Konflikte die Folge sein.
Beispiele für positive und negative Trade-offs im Zusammenhang mit dem Einsatz von Robotik und Automatisierung in der Landwirtschaft.
Die Studie hebt auch die mit Innovation verbundenen Zusammenhänge hervor. Eine Vielzahl soziokultureller, verhaltensbedingter, wirtschaftlicher und politischer Faktoren kann die Einführung neuer Technologien entweder ermöglichen oder hemmen und ihren Einsatz auf sozial und ökologisch akzeptablere Ergebnisse ausrichten oder davon abhalten.
Die Autorinnen und Autoren untersuchten die potenziellen Auswirkungen neuer Technologien, die in einer Begleitstudie von Herrero et al. (2020) in Nature Food veröffentlicht wurde, im Hinblick auf die Ziele zur nachhaltigen Entwicklung. "Unsere Analyse ergab, dass neue Technologien zum Einen dazu beitragen können, viele der Ziele der nachhaltigen Entwicklung zu erreichen, wie z.B. Nachhaltigkeitsziel 2 (Null Hunger), 3 (Gute Gesundheit und Wohlbefinden) und 15 (Leben an Land). Zum Anderen könnten sie allerdings andere Ziele wie Nachhaltigkeitsziel 8 (Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum) und 10 (Verminderte Ungleichheit) gefährden", sagt Dr. Philip Thornton, Koautor und Vorreiter des CGIAR-Forschungsprogramms zu Klimawandel, Landwirtschaft und Ernährungssicherheit.
Die Autorinnen und Autoren betonen, dass diese Ergebnisse nur Richtwerte sind; allerdings sind Wandel und Innovation schon immer mit Kompromissen verbunden gewesen, die es zu bewältigen gilt.
"Wir stehen vor der Herausforderung, einen globalen Übergang zu nachhaltigen Ernährungssystemen zu beschleunigen und zu vermessen. Wir sprechen hier von einer neuen landwirtschaftlichen Revolution. Innovationen im Ernährungssystem werden der Schlüssel zum Erfolg sein. Aber diese müssen sich an wissenschaftlich fundierten Zielen orientieren, um negative Kompromisse und Bumerang-Effekte zu vermeiden", sagt Johan Rockström, Ko-Autor und Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung PIK. "Jetzt ist es an der Zeit, mit der Skalierung des großen Spektrums bestehender nachhaltiger Lebensmittelinnovationen auf der ganzen Welt zu beginnen. Wir sollten aus der Praxis zu lernen, um schnell festzustellen, was funktioniert - und was nicht".
Die vollständige Studie:
Die Begleitstudie:
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