In einem Business-as-usual-Szenario wird für den asiatischen Kontinent bis zum Ende des Jahrhunderts ein Temperaturanstieg von 6 °C erwartet. Einige Länder der Region könnten dabei noch weitaus heißer werden. So könnten die Temperaturen in Tadschikistan, Afghanistan, Pakistan und dem Nordwesten Chinas um bis zu 8 °C steigen. Das zeigt der Bericht mit dem Titel A Region at Risk: The Human Dimensions of Climate Change in Asia and the Pacific.
"Region von noch schlimmerer Armut bedroht": Susantono
Solche Temperaturanstiege hätte dramatische Folgen für das Wettersystem, die Landwirtschaft und die Fischerei in der Region, die biologische Vielfalt an Land und im Wasser, die regionale Sicherheit, den Handel, die Stadtentwicklung, Migration und Gesundheit. Ein solches Szenario stellt für einige Länder in der Region sogar eine existenzielle Bedrohung dar und zerstört jede Hoffnung auf eine nachhaltige und integrative Entwicklung.
„Die globale Klimakrise ist mit Sicherheit die größte Herausforderung, mit der die menschliche Zivilisation im 21. Jahrhundert konfrontiert ist. Und Asien und Ozeanien stehen dabei im Mittelpunkt“, so Bambang Susantono, ADB-Vizepräsident für Wissensmanagement und nachhaltige Entwicklung. „In Asien und Ozeanien leben zwei Drittel der armen Weltbevölkerung. Die Region gilt als besonders anfällig für den Klimawandel und ist in besonderer Weise von einer noch schlimmeren Armut – und von Naturkatastrophen – bedroht, wenn nicht schnell und konsequent Maßnahmen zum Klimaschutz wie auch zur Anpassung an unvermeidbare Klimafolgen umgesetzt werden.“
"Länder Asiens halten die Zukunft der Erde in der Hand": Schellnhuber
„Die Länder Asiens halten die Zukunft der Erde in der Hand. Wenn sie entscheiden, sich vor den Risiken des Klimawandels zu schützen, können sie helfen, den gesamten Planeten zu schützen“, sagt Professor Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des PIK. „Es handelt sich um eine doppelte Herausforderung. Einerseits muß der Ausstoß von Treibhausgasen in Asien so verringert werden, dass die Weltgemeinschaft die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C begrenzen kann, wie dies 2015 in Paris vereinbart worden ist. Doch schon eine Anpassung an 1,5 °C ist eine gigantische Aufgabe. Deshalb müssen die asiatischen Länder andererseits Strategien finden, wie sie auch angesichts eines gewissen Maßes nicht mehr vermeidbaren Klimawandels Wohlstand und Sicherheit im Rahmen einer gesunden globalen Entwicklung gewährleisten können. Gleichzeitig muss man bedenken, dass sich Asien beispiellose wirtschaftliche Chancen bieten, wenn der Kontinent die saubere industrielle Revolution anführt. Durch Erprobung der besten Strategien zum Umgang mit den Erschütterungen durch Umweltveränderungen kann Asien zu einem entscheidenden Akteur des Multilateralismus im 21. Jahrhundert werden.“
Es wird erwartet, dass Asien und Ozeanien bei steigenden globalen Durchschnittstemperaturen von stärkeren Taifunen und Zyklonen heimgesucht werden. In einem Business-as-usual-Szenario wird die jährliche Niederschlagsmenge in den meisten Landflächen der Region um bis zu 50 % zunehmen, wobei Länder wie Pakistan und Afghanistan einen Rückgang der Niederschlagsmenge um 20-50 % erleben könnten.
Die Küstenregionen und Tiefebenen sind verstärkt von Überschwemmungen bedroht. 19 der weltweit 25 am stärksten von einem Anstieg des Meeresspiegels um einen Meter betroffenen Städte befinden sich in Asien, allein sieben von ihnen auf den Philippinen. Das am stärksten von Küstenüberflutungen betroffene Land der Region wird jedoch Indonesien sein, dort werden bis 2100 jedes Jahr etwa 5,9 Millionen Menschen betroffen sein.
Wirtschaftliche Folgen können erheblich sein
Eine erhöhte Anfälligkeit für Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen wird sich wirtschaftlich stark auf die Region – und die ganze Welt – auswirken. Schäden durch Überschwemmungen werden von jährlich 6 Milliarden Dollar im Jahr 2005 auf 52 Milliarden Dollar im Jahr 2050 steigen. Außerdem befinden sich 13 der 20 Städte mit dem größten Anstieg jährlicher Überflutungsschäden zwischen 2005 und 2050 in Asien und Ozeanien: Guangzhou, Shenzhen, Tianjin, Zhanjiang und Xiamen (China); Bombay, Chennai-Madras, Surat und Kalkutta (Indien); Ho-Chi-Minh-Stadt (Vietnam); Jakarta (Indonesien); Bangkok (Thailand) und Nagoya (Japan).
Der Klimawandel wird auch die Lebensmittelproduktion in der Region erschweren und die Produktionskosten erhöhen. In einigen Ländern Südostasiens könnten die Reiserträge bis zum Jahr 2100 um bis zu 50 % zurückgehen, wenn keinerlei Maßnahmen ergriffen werden. In Usbekistan wird erwartet, dass so gut wie alle Getreidesorten bis zum Jahr 2050 20-50 % ihres Ertrags einbüßen, selbst wenn die Erderwärmung auf 2 °C begrenzt wird (gemäß dem Pariser Klimaschutzabkommen). Die Lebensmittelknappheit wird die Anzahl mangelernährter Kinder in Südostasien um 7 Millionen erhöhen, da die Einfuhrkosten hier bis zum Jahr 2050 von 2 Milliarden Dollar auf 15 Milliarden Dollar pro Jahr ansteigen könnten.
Marine Ökosysteme werden insbesondere im Westpazifik bis zum Jahr 2100 ernsthaft gefährdet sein. Sämtliche Korallenriffe dieser Region werden aufgrund der Korallenbleiche kollabieren, wenn die Erderwärmung 4 °C erreicht (globales business-as-usual-Szenario). Selbst ein Temperaturanstieg um 1,5 °C wird dazu führen, dass 89 % aller Korallenriffe von der Korallenbleiche betroffen sind. Dies wird die Riff-Fischerei und den Tourismus in Südostasien stark beeinträchtigen.
Auswirkungen auf Gesundheit und Migration
Der Klimawandel ist auch eine große Gefahr für die öffentliche Gesundheit in Asien und Ozeanien. Schon jetzt sterben jedes Jahr 3,3 Millionen Menschen wegen der Luftverschmutzung, wobei die VR China, Indien, Pakistan und Bangladesch die Rangliste anführen. Hitzebedingte Todesfälle in der älteren Bevölkerung in der Region dürften bis zum Jahr 2050 aufgrund des Klimawandels um etwa 52.000 Fälle zunehmen, wie Daten der Weltgesundheitsorganisation nahelegen. Todesfälle durch Überträger verbreitete Krankheiten wie Malaria und Dengue-Fieber könnten ebenfalls zunehmen.
Eine „Business as usual“-Herangehensweise an den Klimawandel könnte auch funktionierende Ökosysteme stören und eine Massenmigration – vor allem in städtische Ballungsräume – auslösen, die zu einer weiteren Überfüllung der Metropolen und einer Überforderung des Sozialwesens führen kann.
Darüber hinaus könnte ein wärmeres Klima in der Region die Energieversorgung gefährden. Der Klimawandel kann die Energieunsicherheit unter anderem durch die fortgesetzte Abhängigkeit von nicht nachhaltigen fossilen Brennstoffen, Kapazitätssenkungen von Wärmekraftwerken aufgrund mangelnden Kühlwassers und Ausfällen von Wasserkraftwerken wegen ungewisser Ablaufmengen verschärfen. Die Energieunsicherheit könnte Konflikte erzeugen, da Staaten um begrenzte Energieressourcen konkurrieren.
Investitionen können helfen, das Klima zu stabilisieren
Was die Begrenzung der Klimawandelfolgen angeht, so hebt der Bericht hervor, wie wichtig eine Umsetzung der im Pariser Klimaabkommen festgeschriebenen Zusagen ist. Dazu zählen öffentliche und private Investitionen in eine beschleunigte Entkarbonisierung der asiatischen Wirtschaft sowie die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen zum Schutz der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsteile in der Region.
Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen sollten dabei zusätzlich zu den anhaltenden Innovationsbemühungen in den Bereichen erneuerbare Energien und Technologie in makroregionale Entwicklungsstrategien und mikroregionale Projektplanungen eingebettet werden. Die Region verfügt laut Bericht sowohl über die Kapazität als auch den notwendigen Einfluss, um eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben, die globalen Emissionen einzudämmen und Anpassungsmaßnahmen umzusetzen.
Die ADB hat im Jahr 2016 eine Rekordsumme von 3,7 Milliarden Dollar zur Klimafinanzierung bewilligt und bereits angekündigt, ihre Investitionen bis 2020 auf 6 Milliarden Dollar zu erhöhen.
Weitere Information zum Bericht: https://www.adb.org/publications/region-at-risk-climate-change
Die wichtigsten Fakten zu den Ländern im Überblick: https://www.adb.org/sites/default/files/related/76496/ADB-PIK%20Climate%20Change%20Impact%20Report%20-%20Fast%20Facts%20on%20Subregions%20and%20Countries%20%28FINAL%29.pdf
Die in Manila beheimatete Asiatische Entwicklungsbank setzt sich für die Armutsbekämpfung in Asien und Ozeanien durch integratives Wirtschaftswachstum, umweltfreundliches, nachhaltiges Wachstum und regionale Integration ein. Sie wurde 1966 gegründet und feiert aktuell 50 Jahre Entwicklungspartnerschaft in der Region. Eigentümer sind 67 Mitgliedsländer, von denen 48 in der Region liegen. 2016 belief sich die Unterstützung der ADB auf insgesamt 31,7 Milliarden Dollar, von denen 14 Milliarden Dollar in Kofinanzierungen flossen.