Die von der Universität Utrecht in den Niederlanden geleitete Bewertung untersuchte mehr als 3000 Studien aus der wissenschaftlichen Literatur, von Think Tanks und Forschungsinstituten, um zu verstehen, wie die Ziele globale und nationale Debatten, Gesetze und Politikmaßnahmen sowie breitere Veränderungen in politischen Institutionen beeinflussen.
Politische Wirkung der SDGs begrenzt
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die SDGs zwar das Verständnis und die Kommunikation von Regierungen und anderen Organisationen in Bezug auf Nachhaltigkeit verändern, dass es aber - sieben Jahre nach ihrer Einführung und acht Jahre vor ihrer planmäßigen Verwirklichung - kaum Belege dafür gibt, dass die SDGs zur Verringerung von Ungleichheiten, zum Klimaschutz oder zum besseren Schutz von Biodiversität und Natur beitragen. Trotz umfangreicher PR-Kampagnen rund um die Ziele "sehen wir keine eindeutigen Hinweise darauf, dass mehr Mittel für nachhaltige Entwicklung eingesetzt werden, dass aufgrund der SDGs neue oder anspruchsvollere Gesetze erlassen werden oder dass die Politik strenger wird", sagt Frank Biermann, Professor an der Universität Utrecht und Hauptautor der Studie. "Und die Veränderungen, die wir sehen, spiegeln oft Prozesse wider, die lange vor dem Inkrafttreten der Agenda 2030 eingeleitet wurden".
Widersprüchliche Ziele
Es gibt außerdem Anzeichen dafür, dass der Fokus der Ziele oft im Widerspruch zu einer Zukunft steht, die sowohl für die Menschen als auch für die Natur fair und gerecht ist. So können die SDGs zwar dazu beitragen, die Umwelt als wichtiges Anliegen hervorzuheben, doch das im Ziel Nr. 8 angestrebte globale Wirtschaftswachstum ist beim derzeitigen Entwicklungstrend wohl nicht mit dem Umweltschutz vereinbar. "Wir müssen Synergien nutzen und Zielkonflikte zwischen den SDGs aufheben, um die Agenda 2030 zu erreichen", betont Mitautor Prajal Pradhan vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. "Und um diese Wechselwirkungen zu verstehen, bedarf es einer quantitativen und qualitativen Analyse von empirischen und modellierten Daten, Literatur und Expertenmeinungen."
Beweise für Greenwashing
Auch Unternehmen sind nicht immun. "Es wird immer deutlicher, dass die Rhetorik in Bezug auf die SDGs benutzt wird, um das "Business as usual" zu verschleiern", sagt Mitautor Thomas Hickmann, Assistenzprofessor an der Universität Lund in Schweden. Trotzdem gibt es auch bescheidene Erfolge. Die Studie zeigt, dass zivilgesellschaftliche Akteure in mehreren Ländern die Regierungen zunehmend zur Rechenschaft ziehen, wenn es darum geht, niemanden zurückzulassen, die Beteiligung zu mobilisieren und die Stimmen derer zu Gehör zu bringen, die an vorderster Front von Armut, Ungleichheit und Gefährdung betroffen sind.
Eine Änderung des Ansatzes ist entscheidend
Die wissenschaftliche Bewertung der Nachhaltigkeitsziele besteht aus einem Buch und einer Publikation in der wissenschaftlichen Zeitschrift Nature Sustainability, in dem die wichtigsten Erkenntnisse des Buches zusammengefasst sind. "Wenn die Ziele nur eine begrenzte Wirkung haben und stattdessen zur Aufrechterhaltung des zerstörerischen Status quo beitragen, ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, an dem wir die Art und Weise, wie wir vorgehen, grundlegend ändern müssen", fordert Professor Biermann.
Hinweis: Dieser Text basiert auf einer leicht gekürzten und editierten Version einer Pressemitteilung der Universität Utrecht.
Artikel:
Biermann, F., Hickmann, T., Sénit, C. A., Beisheim, M., Bernstein, S., Chasek, P., Pradhan, P., ... & Wicke, B. (2022). Scientific Evidence on the Political Impact of the Sustainable Development Goals. Nature Sustainability.
Link zur Vorabversion des Buches:
https://books.google.nl/books?hl=nl&lr=&id=nd1zEAAAQBAJ&oi=fnd&pg=PR9&dq#v=onepage&q&f=false
Kontakt:
PIK Pressestelle
Tel.: +49 331 288 25 07
E-Mail: presse@pik-potsdam.de
Twitter: @PIK_Klima
www.pik-potsdam.de