"Unsere Analyse zeigt erstmals, wie ein Stromnetz auf sich entwickelnde Stürme reagiert. Wir konnten durch die Simulation der windbedingten Ausfälle von Hochspannungsleitungen und den daraus resultierenden Stromausfällen herausfinden, welche Teile des Stromnetzes am kritischsten sind. Der Ausfall dieser Stromleitungen verursacht Kaskaden weiterer Ausfälle, was wiederum zu großen Stromausfällen führt. Ob eine Leitung kritisch ist, scheint eher eine Eigenschaft der Netzstruktur zu sein, der genaue Verlauf des Sturms spielt dabei eine untergeordnete Rolle", sagt PIK-Forscher und Studienautor Frank Hellmann.
In einem innovativen Ansatz, der die räumlichen und zeitlichen Strukturen der Schäden abbildet, koppelten die Forschenden ein Modell für die zeitliche Entwicklung der Windfelder tropischer Wirbelstürme mit einem dynamischen Modell des texanischen Stromnetzes. Diese Methode ermöglicht es, die Entwicklung von sturmbedingten kaskadenartigen Stromausfällen zu beschreiben. "Das ist eine Herausforderung, da die Zeitskalen, auf denen sich Stürme und Stromausfälle entwickeln, sehr unterschiedlich sein können. Durch die Kombination der PIK-Expertise in der ereignisbasierten Modellierung von Tropenstürmen und Stromnetzen ist es uns gelungen, die kritischen Leitungen zu identifizieren, deren Ausfall große Stromausfälle auslösen kann", sagt Studienautorin Mehrnaz Anvari, die am PIK zu dem Thema geforscht hat und mittlerweile am Fraunhofer-Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen die Forschungsgruppe "Network Evaluation Technologies" leitet.
Der Schutz eines kleinen Teils des Stromnetzes kann Städte und Regionen vor Stromausfällen schützen
"Wir haben festgestellt, dass der Ausfall bestimmter kritischer Leitungen großflächige Stromausfälle auslösen kann, die ganze Regionen oder Städte betreffen. Dabei fällt der Strom in einer Region oder Stadt nicht nach und nach, sondern in einer einzigen großen Kaskade aus. Unsere Forschung zeigt, dass solche Kaskaden fast vollständig vermieden werden können, wenn weniger als ein Prozent des gesamten Netzes - im Falle des texanischen Stromnetzes sind dies etwa 20 Leitungen - gegen Sturmschäden geschützt werden, beispielsweise durch die Verstärkung von Übertragungsmasten oder den Einsatz von Erdkabeln. Auf diese Weise lässt sich das Risiko von Stromausfällen in den großen Ballungszentren, wie z.B. Houston, deutlich verringern. Bemerkenswert ist, dass es bei allen sieben untersuchten Stürmen dieselben Leitungen sind, die geschützt werden müssen", sagt Studienautor und PIK-Forscher Christian Otto.
Das texanische Stromnetz, das häufig Hurrikanen und schwächeren Tropenstürmen ausgesetzt ist, eignete sich besonders gut für die Untersuchung der komplexen Folgen und potenzieller Anpassungsmaßnahmen. Die Forschenden entwickelten ein Modell, das die Schäden der Stürme am texanischen Stromnetz simuliert. Für jeden der sieben betrachteten historischen tropischen Wirbelstürme, darunter die schweren Hurrikane Harvey (2017) und Ike (2008) untersuchten sie 10.000 Modelldurchläufe und damit 10.000 unterschiedliche Schadensszenarien. Der neue Ansatz ermöglichte es, die real beobachteten Versorgungsausfälle im Modell zu reproduzieren.
"Tropische Wirbelstürme gehören zu den zerstörerischsten Extremwetterereignissen. Da zu erwarten ist, dass die Windgeschwindigkeiten der besonders intensiven Stürme mit der globalen Erwärmung zunehmen werden, ist auch eine Zunahme der Schäden zu erwarten, wenn wir uns nicht ausreichend anpassen. Die von uns entwickelte Methodik gibt Netzbetreibern ein entscheidendes Instrument an die Hand, um wirksame Anpassungsoptionen zu identifizieren. Sie kann dazu beitragen, unsere Infrastrukturnetze fit für eine neue Klimarealität zu machen", sagt Katja Frieler, Leiterin der Forschungsabteilung "Transformationspfade" am PIK und Autorin der Studie.
Artikel:
Julian Stürmer, Anton Plietzsch, Thomas Vogt, Frank Hellmann, Jürgen Kurths, Christian Otto, Katja Frieler & Mehrnaz Anvari (2024): Increasing the resilience of the Texas power grid against extreme storms by hardening critical lines. Nature Energy. [DOI: 10.1038/s41560-023-01434-1]
Weblink zum Artikel:
https://www.nature.com/articles/s41560-023-01434-1
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