„Der Klimawandel führt zu steigenden Temperaturen und verändert die Niederschlagsmuster - das wirkt sich auf die Verfügbarkeit von Wasser aus. Unsere Studie zeigt, dass die Zeit, die Frauen in Haushalten ohne fließendes Wasser mit Wasserholen beschäftigt sind, in fast allen untersuchten Regionen durch den Klimawandel steigen wird“, sagt Studienautor Robert Carr, Gastwissenschaftler am PIK. Im Durchschnitt verbrachten Frauen in Haushalten ohne fließendes Wasser im Zeitraum von 1990 bis 2019 weltweit täglich 22,84 Minuten mit dem Wasserholen, wobei die Spanne von 4 Minuten in Teilen Indonesiens bis zu 110 Minuten in Regionen in Äthiopien reicht. „Verglichen mit diesen Zahlen, werden Frauen bis 2050 in einem Szenario mit hohen Emissionen bis zu 30 Prozent mehr Zeit pro Tag für das Wasserholen aufwenden müssen. Dieser Anstieg kann auf 19 Prozent reduziert werden, wenn die globale Erwärmung unter 2 Grad Celsius gehalten wird“, so Robert Carr.
„Regional könnte sich die tägliche Zeit zur Wasserbeschaffung bis 2050 bei einem Szenario mit weiterhin hohen Emissionen sogar verdoppeln, etwa in Regionen in Südamerika und Südostasien. Für Regionen in Ost- und Zentralafrika, in denen die Zeit, die mit Wasserholen verbracht wird, heute weltweit am höchsten ist, könnten die Wasserholzeiten um 20 bis 40 Prozent ansteigen aufgrund von höheren Temperaturen in einem Szenario mit hohen Emissionen“, sagt Autor Maximilian Kotz vom PIK. Weltweit verbringen Frauen und Mädchen insgesamt bis zu 200 Millionen Stunden pro Tag mit dieser lebenswichtigen Aufgabe (Stand 2016), die auch eine physische und psychische Belastung darstellt und dazu führen kann, dass ihnen weniger Zeit für Bildung, Arbeit und Freizeit bleibt.
Kosten verlorener Arbeitszeit könnten Dutzende bis Hunderte von Millionen US-Dollar pro Land und Jahr betragen
Auf der Grundlage von Haushaltserhebungen in 347 Regionen auf vier Kontinenten aus den Jahren 1990 bis 2019 untersuchten die Forschenden zunächst, wie sich veränderte Klimabedingungen in der Vergangenheit auf die Wasserholzeiten ausgewirkt haben. „Höhere Temperaturen und weniger Niederschlag haben in der Vergangenheit zu längeren täglichen Wasserholzeiten geführt“, sagt Maximilian Kotz. Dafür gebe es mehrere mögliche Erklärungen: „Aus rein physikalischer Sicht verändern höhere Temperaturen und weniger Niederschlag das Gleichgewicht zwischen Verdunstung und Niederschlag, wodurch die Wasserspiegel sinken. Dadurch wird der Zugang zu Süßwasser erschwert. Außerdem kann der Weg zu Wasserquellen aufgrund von Hitzestress unangenehmer werden und länger dauern.“ Die Forschenden kombinierten die beobachteten Muster mit Temperatur- und Niederschlagsprognosen modernster Klimamodelle (CMIP-6) und analysierten dann die Auswirkungen künftiger Klimaveränderungen auf die täglichen Wasserholzeiten unter verschiedenen Emissionsszenarien.
„Unsere Ergebnisse beleuchten eine geschlechterspezifische Dimension der Folgen des Klimawandels“, sagt Koautorin und PIK-Forscherin Leonie Wenz. „Sie zeigen, wie stark sich der Klimawandel auf das Wohlbefinden von Frauen auswirken wird. Durch längere Wasserholzeiten verlieren sie Zeit für Bildung, Arbeit und Freizeit. Allein die Kosten der verlorenen Arbeitszeit, berechnet anhand des länderspezifischen Mindestlohns, sind bis 2050 beträchtlich. Bei einem Szenario mit hohen Emissionen würden sie sich auf Dutzende bis Hunderte von Millionen US-Dollar pro Land und Jahr belaufen.“
Artikel:
Robert Carr, Maximilian Kotz, Peter-Paul Pichler, Helga Weisz, Camille Belmin & Leonie Wenz (2024): Climate change to exacerbate the burden of water collection on women's welfare globally. Nature Climate Change. [DOI: 10.1038/s41558-024-02037-8]
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