"2020 ist ein ungewöhnliches Jahr, da es vielerorts bereits vor dem Monsun regnet. Insbesondere die Regenfälle im Nordosten Indiens und im östlichen Teil Zentralindiens werden sich auf den bevorstehenden Monsun auswirken. Es ist zwar gut, im brütend warmen Frühling Regen zu haben, aber leider beeinflussen diese Regenfälle vor dem Monsun auch die Entwicklung des herannahenden Monsuns und können diesen verzögern oder schwächen“, erklärt Elena Surovyatkina. "Darüber hinaus gibt es eine wesentliche Voraussetzung für das Einsetzen des Monsuns: Vor dem Monsuneinbruch sinkt die Tagestemperatur in den Ostghats, während sie in Nordpakistan ansteigt – bis zum Einsetzen des Monsuns gleichen sich diese Temperaturen an. Im Vergleich zum Durchschnitt der letzten fünf Jahre ist die tägliche Durchschnittstemperatur in den Ostghats im April etwa 1°C niedriger, in Nordpakistan liegt sie jedoch um etwa 4°C unter dem Fünfjahresdurchschnitt. Dementsprechend wird es mehrere Tage dauern, bis die Temperatur in den Ostghats auf das nordpakistanische Niveau sinkt, was den Zeitpunkt des Monsuneinbruchs deutlich verzögert".
Neue Methode zur Vorhersage regionaler Monsun-Niederschlagsmenge
Indien ist im Osten vom Golf von Bengalen und im Westen vom Arabischen Meer umgeben. Der Sommermonsun kommt aus zwei Richtungen: vom Arabischen Meer und vom Golf von Bengalen. "Wenn beide Arme stark sind, erhält der gesamte indische Subkontinent eine gute Niederschlagsmenge", betont Surovyatkina. "In den letzten Jahren ist jedoch der vom Arabischen Meer kommende Arm stärker geworden. Diese Tendenz besteht auch für den Monsun 2020, sodass erneut ein Monsun mit nur einem Arm entstehen könnte: Während die Westküste Indiens durch den Arm vom Arabischen Meer viel Regen erhalten könnte, könnte für die Ostküste ein Regendefizit entstehen", so Surovyatkina. Und das werfe natürlich die Frage auf, wie groß dieses Niederschlagsdefizit sein könnte.
Aus diesem Grund hat Surovyatkinas Monsun-Forschungsgruppe ihre Prognose in diesem Jahr erweitert und eine neue Methodik zur Vorhersage der regionalen Monsun-Niederschlagsmenge entwickelt. "Hier stellen wir unseren ersten Test für den bevorstehenden Monsun und den Zeitraum von Juni bis September vor", erklärt PIK-Forscher Jingfang Fan. "Nach unseren Schätzungen lautet die Prognose für den Monsun 2020 wie folgt: für das Gesamtgebiet Indiens 842,85 mm (-5% unter dem Durchschnitt), für Zentralindien - 854,07 mm (-12%), für Ost- & Nordostindien - 1245,54 mm (-13%)". Verglichen mit der üblichen Niederschlagsmenge weisen diese Ergebnisse auf ein Gesamtdefizit der diesjährigen Monsunregenfälle hin. Dies könnte auch durch den bevorstehenden El Nino erklärt werden, den PIK-Wissenschaftler Josef Ludescher mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit bis Ende 2020 erwartet.
Während die Westküste Indiens wohl starken Regenfällen und Überschwemmungen ausgesetzt sein werden, könnten die Menschen an der Ostküste gezwungen sein, Wasser zu sparen. Eine Herausforderung des bevorstehenden Monsuns 2020 sei deshalb das Teilen der verfügbaren Wassermengen, folgern die Wissenschaftler.
Elena Surovyatkina ist die Gruppenleiterin der Monsun-Forschunggruppe im Rahmen des EPICC-Projekts des PIK, das Teil der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) ist.
Ausführlichere Informationen finden Sie auf der Informationsseite des PIK über die indische Monsunvorhersage (auf Englisch):
https://www.pik-potsdam.de/en/output/infodesk/forecasting-indian-monsoon