Zum ersten Mal wurde mit dem Gutachten eine Roadmap für die Umstellung des europäischen und nordafrikanischen Strommarktes auf einhundert Prozent Erneuerbare Energien bis 2050 erstellt. Dazu untersuchten die Forscher den Markt hinsichtlich der notwendigen finanziellen, infrastrukturellen und regierungspolitischen Meilensteine für politische Entscheidungsträger und Unternehmen.
Die Roadmap umfasst die vier wichtigsten Handlungsbereiche Politik, Märkte, Investitionen und Infrastruktur. Politische Führung wird als wichtigstes Element erachtet. Sie kann für einen langfristigen ordnungspolitischen Rahmen sorgen, der Investitionen fördert und den Aufbau der notwendigen Versorgungskette und Netzinfrastruktur ermöglicht.
Gus Schellekens von PricewaterhouseCoopers sieht Europa und andere Weltregionen an einem Scheideweg, an dem sich die Gelegenheit bietet, großräumig Erneuerbaren Strom zu gewinnen. „Mit Strom aus sauberen und erschwinglichen Energiequellen hat man in den vergangenen 150 Jahren zwar geliebäugelt, aber sie nie konsequent nutzbar gemacht. Das könnte sich jetzt ändern“, sagt Schellekens.
Das Gutachten benennt als wichtigste Schritte bis 2050:
- Entwicklung europaweiter Business Cases für Erneuerbaren Strom bis 2015 sowie Netzinfrastrukturprojekte auf europäischer Ebene mit langfristigen Zielen für Erneuerbare Energien und Klimaschutz
- Aufbau großer Kapazitäten zur Stromübertragung ab 2015, um die Potenziale von Wind und Sonne effizient zu nutzen
- Abbau von Subventionen für fossile Brennstoffe bis 2020 und Entwicklung eines strategischen Zeitplans für den Ausstieg aus den Finanzhilfen für Erneuerbare Energien
- Festlegung von Zielen für Erneuerbare Energien für Nordafrika bis 2020
- Schaffung eines europäischen Binnenmarktes für Strom bis 2020
- Strategische Stilllegung von fossilen Kraftwerken in der EU und in Nordafrika ab 2030, um ihre Leistung bis 2040 durch Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien zu ersetzen.
Die Wissenschaftler sehen Bedarf für ein länderübergreifendes Stromnetz
in Europa. Ein so genanntes SuperSmart Grid könnte, unabhängig davon, wann und
wo der Strom erzeugt wird, die komplette Integration Erneuerbarer Energiequellen
ins Stromnetz ermöglichen. Dadurch wäre sowohl für den in Elektrizitätswerken
als auch dezentral erzeugten Strom ein effizientes Lasten- und
Nachfragemanagement gewährleistet.
Das Gutachten bestätigt, dass alle Voraussetzungen gegeben sind, mit der Umstellung zu beginnen: Die Technologie ist vorhanden und die Potenziale Erneuerbarer Energiequellen und ihrer Speicherung sind bekannt. Auch die Notwendigkeit, die Kapazitäten für den Stromtransport stark zu erweitern sowie die Rollen dezentraler Stromerzeugung und der Energieeffizienz sind vollständig erkannt.
Europa und Nordafrika hätten gemeinsame Interessen, heißt es im Gutachten. Die Entwicklung stabiler Kooperationen für die großräumige Nutzung Erneuerbarer Energien könne die Abhängigkeit von Energieimporten verringern und wechselseitige Beziehungen zwischen Europa und seinen afrikanischen Nachbarn stärken.
„Klimawandel erfordert ambitionierte Visionen und eine enge Zusammenarbeit auch über Grenzen und Barrieren hinweg, die wir vorher nicht gesehen haben“, sagt Antonella Battaglini vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Wenn wir die Kunst des Machbaren nicht ausschöpfen, werden wir die wichtigen politischen Entscheidungen dafür nicht unterstützen können, die eher heute als morgen getroffen werden müssen“, fügt Battaglini hinzu. Die Studie sei ein Meilenstein der Bemühungen, den gordischen Knoten der Politik zu lösen und gangbare Lösungswege für eine sichere und kohlenstoffarme Stromversorgung der EU zu finden.
Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft kann der Bericht als Leitfaden dienen, das „2050-Szenario“ schrittweise zu erreichen. In einem vollständig auf Erneuerbare umgestellten Europa würden veränderte Bedingungen für Konsumenten und Unternehmen herrschen. Neben höherer Preisstabilität erhielten Verbraucher mehr Macht durch wirksamere Technologien des Nachfragemanagements. In nordafrikanischen Ländern würde die zuverlässige Bereitstellung von Solarenergie die Grundlage für eine umfassende soziale und wirtschaftliche Entwicklung schaffen.
Download des Gutachtens:
Vollversion: http://www.pwc.co.uk/eng/publications/100_percent_renewable_electricity.html; Download PDF (2,9 MB)
Executive Summary: PDF (296KB)
Zur Mitteilung von PricewaterhouseCoopers (englisch): http://www.ukmediacentre.pwc.com/News-Releases/Come-sun-rain-or-high-wind-Europe-could-create-a-100-renewable-electricity-supply-by-2050-e5e.aspx
Weitere Statements zum Gutachten (nur in englischer Sprache):
Anthony Patt, International Institute for Applied Systems Analysis: “The combination of increased demand for electricity and security of supply is a very powerful driver of major power sector change in Europe and worldwide. The study and the roadmap have been formulated to stimulate a debate about energy and climate change policy possibilities in Europe.”
Richard Gledhill, PricewaterhouseCoopers LLP: "Decarbonising the power sector to meet climate change goals is likely to require big increases in renewables and nuclear, as well as the deployment of carbon capture and storage at commercial scale. What the study demonstrates is the reality of the game changing policy and business decisions we will have to make, whatever our energy mix. But it also de-bunks some of the conventional criticisms of large scale renewables. It is a challenging vision, but it shows how geographic and technological diversification can help address cost and security of supply concerns. Integration with North Africa would unlock allow Europe to huge additional solar capacity. This would require a sustained partnership and the development of closely linked energy policies going forward, but it could pay big dividends in terms of regional development, sustainability and security."
Hinweise an die Redaktionen:
– Der Bereich Stromerzeugung
aus Erneuerbaren Energiequellen ist in den Mitgliedsstaaten der EU unterschiedlich
stark gewachsen. Dänemark und Deutschland verzeichnen sehr hohe Wachstumsraten von
rund 60 bzw. 80 Prozent seit 2000. In Frankreich und Österreich fällt die
Wachstumsrate aufgrund steigender Stromnachfrage und stagnierender Erzeugungskapazitäten
aus Erneuerbaren negativ aus.
– Die europäische Windkraftkapazität ist in den letzten
15 Jahren um durchschnittlich 25 Prozent pro Jahr gewachsen.
– Die Treibhausgasemissionen des europäischen
Stromsektors sind in den 1990er Jahren gesunken, aber danach wieder gestiegen.
Sie sind heute nur etwa fünf Prozent niedriger als 1990.
– Europa importiert heute mehr als die Hälfte der
Brennstoffe für den Strom- und Energiesektor; dieser Anteil könnte bis 2030 auf
mehr als zwei Drittel anwachsen.
– Fast alle europäischen und nordafrikanischen Länder hängen
vom Import fossiler und nuklearer Brennstoffe für die Stromerzeugung ab, vor
allem Erdgas, Kohle und Uran. Nur Polen, Tschechien, Algerien und Libyen können
sich selbst versorgen.
– Folgende Abbildung (S. 68 im Gutachten) stellt typische Stromgestehungskosten und die weltweit installierte Erzeugungskapazität verschiedener Technologien dar:
PricewaterhouseCoopers LLP Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA)
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Uta Pohlmann, Patrick Eickemeier, PIK Pressestelle
Tel. : +49 (0)331 288 25 07, E-Mail : presse@pik-potsdam.de, http://www.pik-potsdam.de/
Leane Regan, Communications Department, The International Institute for
Applied Systems Analysis, Tel: +43 2236 807 316, E-Mail:
regan@iiasa.ac.at, http://www.iiasa.ac.at/