Hamburger Abendblatt


Aus aller Welt

Zweite Erde entdeckt?
Sensation im All: Deutsche Forscher finden bewohnbare Zone im Sternbild Großer Bär. Sind wir doch nicht allein?

Von Rainer Kayser

Potsdam - Der 40 Lichtjahre entfernte Stern 47 Ursae Majoris im Sternbild des Großen Bären besitzt eine ausgedehnte Zone, in der ein erdähnlicher Planet existieren und auf dem es damit auch Leben geben könnte. Das ergaben umfangreiche Simulationen deutscher und amerikanischer Astrophysiker.

Mehr als 100 Planeten bei anderen Sternen haben die Forscher in den vergangenen Jahren aufgespürt. Die Mehrheit dieser extrasolaren Planetensysteme zeigt allerdings keinerlei Ähnlichkeit mit unserem eigenen: Riesenplaneten, die auf engen, oft stark elliptischen Bahnen ihren Stern umkreisen, sind die Regel. In solchen Systemen hätten erdähnliche Planeten keine Überlebenschance - die Schwerkraft der großen Planeten würde sie rasch aus der Bahn werfen.

47 Ursae Majoris ist eine der wenigen Ausnahmen. Der Stern selbst ist fast ein Zwilling unserer Sonne, mit etwa 6,3 Milliarden Jahren allerdings deutlich älter. Die Sonne ist vor 4,5 Milliarden Jahren entstanden. 1996 und 2001 entdeckten die Amerikaner Geoffrey Marcy und Paul Butler zwei große Planeten, die den Stern ähnlich wie Jupiter und Saturn in unserem Sonnensystem auf weiten, nahezu kreisförmigen Bahnen umrunden. Diese Planeten könnten bei 47 Ursae Majoris die gleiche wichtige Rolle spielen wie in unserem Sonnensystem, nämlich etwa vorhandene erdähnliche Planeten vor allzu häufigen Kometeneinschlägen zu bewahren.

Viele Astrobiologen glauben heute, dass insbesondere der Jupiter eine wichtige Schutzfunktion bei der Entstehung des Lebens auf der Erde innehatte.

Die Wissenschaftler um Siegfried Franck vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Manfred Cuntz von der Universität Texas in Arlington haben nun die Größe der "bewohnbaren Zone" um 47 Ursae Majoris, die geophysikalische Entwicklung möglicher erdähnlicher Planeten, sowie die Stabilität der Umlaufbahnen solcher Planeten untersucht.

Im 1,2-fachen Abstand der Erde von der Sonne um den Stern, so das Ergebnis, könnte tatsächlich ein Planet existieren, der alle Voraussetzungen für die Entstehung von Leben bietet - allerdings nur, wenn es sich bei dem Planeten um eine "Wasserwelt" ähnlich der zu zwei Dritteln von Ozeanen bedeckten Erde handelt. Für "Landwelten", die überwiegend von Kontinenten bedeckt sind, bietet 47 Ursae Majoris auf Grund seines hohen Alters keine Lebenszone mehr an, so der für die Forscher überraschende Befund.

Die Simulation der Planetenbahnen zeigte weiter, dass für diesen Abstand die Bahn eines erdähnlichen Planeten im System von 47 Ursae Majoris über Jahrmilliarden hinweg stabil wäre - eine weitere Grundvoraussetzung für die Entstehung von Leben ist also erfüllt. 47 Ursae Majoris könnte eine zweite Erde voller Leben beherbergen. Noch ist er für heutige Fernrohre unerreichbar - auch für "Hubble". Mit Hilfe neuer Weltraumteleskope wollen die Astronomen in wenigen Jahren die Jagd auf erdähnliche Planeten beginnen.

erschienen am 13. Aug 2003 in Aus aller Welt

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