„Wir sind zunächst von einer idealisierten Welt ausgegangen, in der alle vorhandenen und neu entwickelten Technologien frei verfügbar sind“, sagt Ottmar Edenhofer. „Wir haben jedoch auch Szenarien untersucht, in denen einige Technologien nicht oder nur begrenzt verfügbar sind“, fügt der Chefökonom des PIK hinzu. Wie die Wissenschaftler nun in einem Artikel der Sonderausgabe der Zeitschrift „The Energy Journal“ berichten, sind dann jedoch die Kosten für die Vermeidung des Klimawandels deutlich höher und sehr hochgesteckte Klimaschutzziele können nicht erreicht werden.
Im Rahmen des EU-geförderten Projekts „Adaptation and mitigation strategies: supporting European climate policy“ (Anpassungs- und Vermeidungsstrategien zur Unterstützung europäischer Klimaschutzpolitik, ADAM) haben die Forscher technologische Möglichkeiten untersucht, den Anstieg der Treibhausgaskonzentration in der Erdatmosphäre auf drei unterschiedliche Werte zu begrenzen. Diese Werte entsprechen Kohlendioxid-Konzentrationen von 550, 450 und 400 ppm (Teile pro Million) und Wahrscheinlichkeiten von ungefähr 15, 50 und 75 Prozent, das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Die Wissenschaftler nutzten fünf hoch entwickelte Computermodelle, die die Bereiche Energie, Umwelt und Wirtschaft abbilden, um die technologischen Szenarien zu entwickeln und verglichen die Ergebnisse systematisch.
„Die Modelle zeigen, dass es unterschiedliche technologische Entwicklungspfade gibt, das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen“, sagt Brigitte Knopf, die wissenschaftliche Koordinatorin des ADAM Modellvergleichs. Alle Modelle zeigten, dass die Treibhausgaskonzentration zu geringen Kosten bei 400 ppm gehalten werden kann. Dabei entstünden, aufsummiert bis zum Ende des Jahrhunderts, Verluste von nicht mehr als 2,5 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts, berichten die Forscher. Dazu sei es jedoch notwendig, ein Portfolio von Technologien einsetzen zu können. „Es gibt nicht den einen Königsweg zur Lösung des Klimaproblems“, sagt Knopf, „aber die Modelle stimmen in der Bedeutung der unterschiedlichen Technologien überein.“
Ohne das Abscheiden und Einlagern von Kohlendioxid (Carbon Capture and Storage, CCS) oder die intensive Nutzung erneuerbarer Energie wird die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration erheblich höhere Kosten verursachen. Ambitionierte Klimaschutzziele wären womöglich nicht zu halten. In den Simulationen mit einem der Modelle war dazu auch der Einsatz von Biomasse zur Produktion von Strom und Wärme unverzichtbar, bei zwei anderen Modellen verdoppelten sich die Kosten, wenn die Nutzung der Biomasse auf ein nachhaltig verfügbares Potenzial beschränkt wurde.
Dagegen spielt die Kernenergie für die Vermeidung des Klimawandels eine untergeordnete Rolle, da auf den Ausbau von Kernenergie fast kostenneutral verzichtet werden kann. Darüber hinaus zeigen die Modelle, dass ein globaler Ausstieg aus der Kernenergie die Kosten der Vermeidung kaum erhöhen würde.
„Unsere Modellanalyse allein kann jedoch nicht alle wirtschaftlichen und politischen Fragen beantworten oder aufzeigen, wie mit den Risiken einiger der Technologien umzugehen ist“, sagt Brigitte Knopf. So sei bislang beispielsweise unklar, ob CCS überhaupt technisch machbar und sicher ist oder in welchem Maße die intensive Nutzung von Biomasse als Energieträger in Konkurrenz zu Nahrungsmittelproduktion und Naturschutz treten würde. Die Studie zeigt jedoch eindeutig, dass es bei der Begrenzung der Kosten für die Vermeidung des Klimawandels – einer wichtigen Voraussetzung für ein globales Klimaschutzabkommen – darauf ankommt, einen ganzen Fächer entsprechender Technologien weiter zu entwickeln.
Artikel: Ottmar Edenhofer, Brigitte Knopf, Terry Barker, Lavinia Baumstark, Elie Bellevrat, Bertrand Château, Patrick Criqui, Morna Isaac, Alban Kitous, Socrates Kypreos, Marian Leimbach, Kai Lessmann, Bertrand Magné, Serban Scrieciu, Hal Turton, Detlef P. van Vuuren (2009) The Economics of Low Stabilization: Model Comparison of Mitigation Strategies and Costs. The Energy Journal, Volume 31, Special Issue, http://www.iaee.org/en/publications/journal.aspx
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